Jedes Jahr schimpfe ich über die viele, teils schwere Arbeit, die damit verbunden ist, und frage mich, warum ich nicht in der Sonne liege und Aperol schlürfe … aber beides fördert schließlich nur die Faltenbildung. Also greife ich jedes Jahr wieder zum Spaten und grabe, säe und jäte mich durch den Sommer. Der Lauf des Jahres wäre für mich unvorstellbar ohne meine Gartenrituale!
Das Gartenjahr beginnt eigentlich immer schon im Spätherbst davor, denn je gepflegter ich meine Beete in den Winter entlasse, desto weniger Arbeit habe ich im Frühjahr.
Ich bin ja ein großer Liebhaber von Wildkräutern, und kein Freund von übergepflegtem Rasen, in dem kein Blümchen mehr keimt. Bei uns am Grund wachsen Brennnesseln, Gundelrebe, Löwenzahn, Taubnesseln, Vogelmiere, Spitzwegerich, Sauerampfer, Günsel und noch so einiges.
Aber aus meinem Gemüsegarten müssen sie dennoch weichen, denn meist sind die Wildpflanzen stärker als die kultivierten, und so hätte ich sonst wohl bald kein Gemüse mehr.
Umstechen tue ich schon seit etlichen Jahren nicht mer, nur mehr sanft mit einem Eisenrechen lockern. Ich habe viel darüber gelesen, und festgestellt, dass naturnahe Gärtner nicht viel davon halten, mit einem brutalen Spaten tief ins Erdreich einzustechen, Schollen aufzubrechen, Regenwürmer zu durchtrennen und das Ökosystem Boden zu stören.
Seit ich die Erde in Ruhe lasse, keimt viel weniger Unkraut, die Regenwürmer bekommen schon Platzprobleme, und ich spare mir die unnötige, schwere Arbeit.
Nur wenn man einen neuen Bereich urbar machen möchte, ist es natürlich unumgänglich.
Meine ersten Arbeiten im März sind das Anlegen von Beeten. Ich habe mir angewöhnt, Rollrabatten als Gartenbretter zu verwenden. Sie sehen schön aus, passen sich an Bodenunebenheiten an, halten einige Jahre, wenn man sie im Winter verräumt, und sind nicht teuer.
Erster Erntesegen folgt je nach Wetter im Mai: diverse Salatsorten, Rucola, Schnittlauch, Liebstöckel, Radieschen, Mangold, Kohlrüben, Berge von Minze und Zitronenmelisse, Koriander, Rhabarber, Dill.
Sobald ein Beet abgeerntet ist, wird nach gesetzt oder gesäht. Im Juni folgen das erste Kraut, Fenchelknollen, Brokkoli, erste Zucchini, Puffbohnen, Kochsalat und Erbsen.
Im Sommer komme ich dann mit dem Kochen nicht mehr nach, zum Glück habe ich zwei Gemüsebegeisterte Kinder, die den Erntesegen mit uns teilen.
Da ernten wir Tomaten, Paprika, Kraut, Bohnschoten, Stangensellerie, rote Rüben, Frühkartoffeln, die mediterranen Kräuter sind in Bestform, Rucola wuchert, die Zucchini und die Jausenzwiebeln mutieren zu Monstern, und ich würde am liebsten gar nichts ernten, weil der Gemüsegarten sooo schön aussieht!
In den Herbst hinein reifen dann meine geliebten Chilis, die Paprika werden rot, es gibt Grünkohl, Wirsing, Spätkraut, Herbstsalate, riesige rote Rüben, Bohnen, Kürbisse (Butternuss und Hokkaido bevorzugt), die Koriandersamen sind reif, ebenso die Zwiebel, Lauch … bei meiner Mama gibt es Quitten und Ringlotten, und die letzten Tomaten im Gewächshaus.
In den Spätherbst hinein beglücken uns noch Knollensellerie und Kohlsprossen, und der Grünkohl, der darf über den Winter im Beet bleiben, und im nächsten Jahr blühen.
Es ist ein wunderbarer Kreislauf aus säen, pflanzen, gießen, jäten, mulchen, ernten, aufarbeiten, köstliche Gerichte zubereiten, aber auch ein Kampf gegen Schädlinge, Angst vor Unwettern und Hagel, dicke Tränen über Tomatenfäule, und manchmal wächst einem die Arbeit über den Kopf, denn der Gemüsegarten läuft ja neben allem Anderen!
Der Herbst ist natürlich auch dazu da, die Vorräte aufzufüllen. Da brodelt und duftet es in meiner Küche, der Dörrapparat läuft pausenlos, Kräuterduft und Chilischwaden ziehen durch das Haus, und ich bin im Stress.
In den Wintermonaten bin ich dankbar für all die Sugos, Pasten, Saucen, Pestos, Kräutersalze, Trockengemüse, Suppenwürze, Chutneys, Würzöle und vieles mehr, was meine Küche bereichert und uns über die Zeit rettet, wo mein geliebter Gemüsegarten ein großer, brauner Fleck vor meinem Fenster ist. Bis alles wieder von Vorne beginnt.
Mein Gartenjahr 2021 war einfach nur phänomenal! Tolle Ernte, kaum Schädlinge, kein Hagelschaden, viel Sonne, und all das hat natürlich bewirkt, dass ich besonders viel Liebe hineingesteckt und meinen Garten verwöhnt und verhätschelt habe, aus lauter Freude.
Nach den drei vergangenen schlimmen Jahren, vor drei Jahren unser verheerendes Hochwasser, das Jahr darauf die viele Feuchtigkeit, und letztes Jahr drei mal Hagel, der alles zerstört hat, war das heuer wirklich Balsam für meine Gartenseele. Mein Mann hat brav Gemüse gegessen, und nachdem wir beide fit und energiegeladen in den Herbst gestartet sind, kann mir keiner sagen dass ein naturnah geführtes Leben und natürliche Ernährung nicht Geist und Körper stärken können. (Oh ja, man wird schon noch oft belächelt, „Du mit deinem Grünfutter“ …)
Ich war natürlich auch wieder sehr viel in Wiese und Wald unterwegs, und habe unseren Speiseplan mit Wildkäutern ergänzt, auch wer keinen eigenen Garten hat, kann die Schätze der Natur nützen!
Meine Chilis und Paprika habe ich alle bereits geerntet, aus Angst vor plötzlichem Morgenfrost, die Kapuzinerkresse wurde liebevoll mit Flies zugedeckt, so kann ich die schmackhaften Blätter und Blüten noch länger genießen. Mein Grünkohl und Schwarzkohl haben heuer Strauchgröße und sehen einfach beeindruckend aus. Jetzt kommt die Zeit der deftigen Eintöpfe, da darf Kohlgemüse nicht fehlen. Die Kohlköpfe vom Wirsing wachsen auch noch munter, und zwei Romaneso warten noch auf ihre Ernte.
Mangold und Neuseelandspinat verwöhnen mich noch immer und treiben ständig nach, und bald kann ich auch meine zwei Stöcke Zitronengras ausgraben und die Stangen ernten. Ich friere sie frisch ein, so sind sie bis zu einem Jahr verfügbar. Ganz toll in Hühnersuppe!
Für den Salatteller gibt es noch Zuckerhut, Radicchio und Kapuzinerkresse, und auch die jungen Spinatblätter.
Das Strauchbasilikum lasse ich im Herbst immer ausgiebig blühen, ich schneide die Triebe nicht zurück, denn da haben die Bienchen so eine Freude damit, ebenso mit den Blüten des chinesischen Schnittknoblauchs.
Während ich schreibe, schaue ich aus meinem Küchenfenster in meinen herbstlichen Garten. Der Wind ist aufgekommen, unsere großen bunten Windräder rasen, die Katzen springen hinter den fallenden Blättern her, und ich bin unendlich dankbar für dieses Stück Land, das nur uns gehört, wo ich Frieden finde und alles so wachsen lassen kann, wie ich es will. Oder besser gesagt, wie die Natur es will. Dauerrasenmäher, Roundup, exotische Palmen und sauber geschniegelte Beetränder findest du bei mir nicht, dafür aber viel gute Energie, Löwenzahn und Brennnesseln am Hang, und Häufen mit Laub und Ästen für unseren Igel.
Nichts ist perfekter als die Natur, ausser wir mischen uns ein!